Review Gottsu Sepia Tone Master 2021
Das Sepia Tone Master 2021, das der japanische Hersteller 2021 auf den Markt brachte, folgt dem Design des Otto Link Tone Master. Otto Link produzierte dieses Metall-Mundstück ab dem Jahr 1940. Einige der bedeutendsten Tenorsaxophonisten des Jazz bliesen dieses Modell: Georgie Auld, Charlie Barnett, Al Cohn, John Coltrane, Bob Cooper, Don Byas, Herschel Evans, Paul Gonsalves, Dexter Gordon, Johnny Griffin, Coleman Hawkins, Jimmy Heath, Illinois Jaquett, Hank Mobley, Vido Muso, Buddy Tate, Ben Webster, Lester Young und viele andere… Gut erhaltene Exemplare oder sogar solche in originalem Zustand sind sehr selten und werden teuer gehandelt. Die Qualität der Ausführung unterlag deutlichen Schwankungen, so dass sich die noch vorhandenen Exemplare, einmal ungeachtet ihres Erhaltungszustandes, klanglich und auch in ihren Spieleigenschaften häufig sehr deutlich unterscheiden. Dies trifft übrigens auch auf die gegenwärtigen Produkte der Fa. Otto Link zu: man ist gut beraten, sich unter mehreren Exemplaren des gleichen Modells das beste herauszusuchen!
Das originale Tone Master wies eine lange Facing-Kurve und kleinere Bahnöffnungen (3 und 4) auf. Die sehr große Kammer, verbunden mit einem langen Bahnverlauf, erforderte kleinere Bahnöffnungen, um den Blaswiderstand auf annehmbaren Maß zu halten. Otto Link fertigte allerdings auch auf Wunsch Exemplare mit größeren Bahnen (etwa 8 und 7) an. Etliche Musiker ließen auf ihre Tone Master andere Bahnen aufziehen. Einige Hersteller, wie etwa Theo Wanne, entwickelten Methoden des Refacings, bevor sie später daran gingen, eigene Mundstücke zu entwerfen. Auch Masahiko Goto, Gründer der Firma Gotsu, sammelte etliche Jahre Erfahrung im Refacing und entschloss sich erst später, eigene Mundstücke zu produzieren. Dieses Wissen um die optimale Facing-Kurve und die genaue Kenntnis historischer Vorbilder, kommt der Entwicklung eines modernen Mundstückes wie etwa dem Gottsu Sepia Tone Master 2021 zugute.
Repliken des Otto Link Tone Master sind selten: die Firma Retro Revival stellt mit seinem Modell Crescent eine durchaus gelungene Homage an das historische Vorbild her. Sakshama produziert eine Replik. Theo Wanne’s Modell Ambika III ist keinem bestimmten historischen Vorbild eindeutig zuzuordnen: da dem Ambika III der schmale Rollover-Baffle eines Tone Master fehlt, nähert es sich eher dem Master Link aus den dreißiger Jahren an. Das Sepia Tone Master 2021 der Firma Gottsu tritt als eine ziemlich genaue Reproduktion des Tone Master aus den vierziger Jahren in Erscheinung. Das Mundstück ist präzise produziert und perfekt ausbalanciert! Es ist ein Stück bester Handwerkskunst mit feinem Finish und sehr schön anzuschauen!
Die äußere Erscheinung des Sepia Tone Master 2021 lehnt sich sehr eng an die des historischen Tone Master an: ein sehr kurzer Schaft mit einer ausgeprägten Kehle am Übergang zum Korpus des Mundstückes. Auf dem zylindrischen Teil des Schaftes befindet sich zwischen zwei parallel gefrästen Ringen die eingravierte Modellbezeichnung. Auf der Oberseite des Mundstückes erhebt sich ein flaches Metallband in Längsrichtung, welches den eingeprägten Schriftzug Gottsu trägt. Die Konzeption der Kammer und Schallwand folgt im Wesentlichen der Konzeption des historischen Vorbildes. Der Tip-Rail des Master 2018 ist äußerst schmal dimensioniert, fein und genau ausgearbeitet. Es gibt einen sehr kurzen Rollover-Baffle von geringer Höhe, welcher fließend in einen Low-Baffle übergeht und tief in eine ziemlich große und glatt gerundete Kammer abfällt. Die konkaven Seitenwände sind sehr tief ausgehöhlt, die Übergänge zum Baffle erfolgen in weichen, glatt polierten Rundungen und Kurven. Jedes Detail ist präzise und perfekt ausgeführt.
Das Sepia Tone Master 2021 ist ein ganz außergewöhnliches Mundstück. Es verfügt über reichlich Charakter! Der Blaswiderstand ist so angelegt, dass eine optimale Tonkontrolle möglich ist: er fällt, vor allem in den tieferen Lagen, etwas höher aus als bei dem Retro Revival Crescent oder Theo Wanne Ambika III. Die große Kammer des Sepia Tone Master 2021 nimmt reichlich Luft auf, das Mundstück reagiert jedoch schnell und genau auf feinste Nuancen der Artikulation und Phrasierung.
Auch wenn die Firma Gottsu Holzblätter empfiehlt, das Sepia Tone Master 2021 funktioniert optimal mit Synthetik-Blättern, wie etwa den Legere Signature oder Legere American Cut.
Das Sepia Tone Master 2021 färbt den Klang sehr stark ein: auffällig ist die große Tiefe des Tones! Das Mundstück klingt groß und rund, außergewöhnlich farbig. Es gibt einen klar umrissenen, sehr dunklen und warmen Kern und um diesen herum Schichten verschiedenster Obertöne. Das Sepia Tone Master 2021 erzeugt also einen extrem komplexen Klang. Dieser wirkt zwar wesentlich dunkler als der des Sepia Tone Double Ring, jedoch in keiner Weise stumpf, matt oder dumpf: ganz im Gegenteil: das Sepia Tone Master 2021 klingt stets sehr definiert, präsent und brilliant! Die dynamische Spannweite des Sepia Tone Jazz Metall ist extrem weit: ganz gleich, ob man pianissimo oder fortissimo bläst, die Substanz des Tones bleibt stabil. Subtones sind leicht zu kontrollieren, treten mit großer Klarheit hervor. Alle Lagen, die höchsten wie die tiefsten, sind mit Leichtigkeit anzublasen und sicher zu halten. Die Flageoletts klingen hervorragend. Die Intonation ist sehr gut.
Das Sepia Tone Master 2021 ist ein Mundstück, das es ermöglicht, die unterschiedlichsten Facetten des Klanges, der eigenen Spielauffassung zum Ausdruck zu bringen. Es eröffnet eine reichere Klangwelt als das Retro Revival Crescent, klingt weicher und geschmeidiger als das Ambika III, dessen Ton in gewisser Weise immer etwas rau, kantig und körnig wirkt. Das Sepia Tone Master 2021 ermöglich einen bemerkenswert voluminösen und durchsetzungsfähigen Ton, der allerdings immer einen eleganten Charakter bewahrt.
Ich blase dieses Mundstück seit zwei Jahren (ab 2021) auf einem Yamaha 82 Z WOF UL. Das Mundstück interagiert mir allen drei S-Bögen der Firma Yamaha optimal. Die Intonation ist in der Kombination mit dem C1 (geringe Bohrung) und dem E1 Custom (mittlere Bohrung) Necks herausragend. Der flexiblere Yamaha V1 Custom Neck (große Bohrung) intoniert im Zusammenspielt mit dem Tone Master 2021 deutlich ausgeglichener als mit Mundstücken kleinerer Kammern. Ich benutze Vandoren Java Red (3.5), Vandoren Classique (3), Rigotti Jazz Gold (3.5) sowie Legere Signature und American Cut (2.75). Meist befestigte ich die Blätter mit einer Theo Wanne Enlightened Ligature. Ich blies Mundstücke mit den Bahnen 95, 100, 105 sowie 110 inch. Alle Bahnöffnungen funktionierten einwandfrei. Die Bahn 110 erzeugt einen besonders reichen, farbigen Ton. Die grundsätzlichen Klangeigenschaften des Mundstückes bleiben jedoch bei allen Bahnen erhalten. Je nach Bahnöffnung verändern sich Nuancen des Tones. Die wirklich sehr große Kammer des Mundstückes verlangt, meiner Erfahrung nach, eher etwas gemäßigtere Bahnöffnungen, um ausgewogene Spieleigenschaften zu bewahren. Für mich und mein Setup erweist sich die Bahn 100 als optimal.
Ich vergleiche das Sepia Tone Master 2021 immer wieder mit dem Gottsu Sepia Tone Master 2018 und Sepia Tone Double Ring, welche ich vor einigen Jahren erwarb. Ich komme zu dem Schluss: das Sepia Tone Master 2021 überzeugt mich vollkommen und scheint mir das gelungenste Metall-Mundstück aus dem Hause Gottsu zu sein. Es ist gewiss eines der besten Mundstücke, das man derzeit auf dem Markt findet!
Das Yamaha 82Z WOF UL (ohne Hoch-Fis sowie unlackiert) mit dem Gottsu Sepia Tone Master 2021.